Über Jahrhunderte hat er seinen Typ bewahrt: Der Greyhound

Rasseportait des Englischen Windhundes von Olaf & Robert Knauber

In grauer Vorzeit machte der Mensch Jagd auf Wild, das sein Hund mit dem Auge verfolgte. Diese Jagd auf Sicht prägte den Begriff „Sighthound“, der im Englischen für Windhund steht.

Parallel zu überall wachsender Fruchtbarkeit entwickelten sich die großen alten Kulturen, die schnell lernten, entsprechend ihren eigenen Wünschen die Produkte der Natur zu ändern und zu modifizieren. So kam es schon recht früh zu planmäßiger selektiver Zucht. Archäologen fanden aus der Zeit der alten ägyptischen Kultur erste Berichte über spezifizierte und voneinander klar unterschiedenen Hundetypen. Zu Zeiten der Römer, lange vor unseren heute bekannten Ahnentafeln und Zuchtbucheintragungen, wurden dann erstmals Hunde in Rassegruppen aufgeteilt: Neben dem Haushund, Schäfer- und Kriegshunden sind nach der Nase jagende Hunde und – Windhunde genannt, die auf Sicht jagen.

Zu dieser Rassegruppe zählt der oft als „Prototyp“ des Windhunds bezeichnete Greyhound, der als schnellste Hunderasse der Welt fähig ist, Geschwindigkeiten von 70 km/h zu erreichen. Aufgrund seiner überragenden Schnelligkeit war der Greyhound bis zum Aufkommen von Vieherden daher vorwiegend „Jagdbegleiter des Menschen“. Der Ursprung des Greyhounds lässt sich bis in die Zeit der alten Ägypter zurückverfolgen. Mit dem Aufkommen von Viehherden brauchte man den Hund nicht mehr zur Beschaffung der menschlichen Nahrung; der Einsatz des Greyhounds auch zu spielerischer Jagd wurde somit schon bald zu einem Sport der freien Männer. Bereits um die Zeitenwende lassen sich in mediterranen Hochkulturen Regeln für sogenannte Coursings nachweisen; lt. „Hutchinsons Dog Encyclopaedia“ geht dies aus Aufzeichnungen von Flavius Arianus aus dem 2. Jahrhundert n.Chr. hervor, die erst kürzlich in der vatikanischen Bibliothek entdeckt wurden. Auch am Hofe Karls des Großen war dieser Sport beliebt und erfuhr in England Königin Elisabeths I. einen besonderen Aufschwung.

Greyhounds standen lange Zeit ausschließlich im Besitz der herrschenden Klassen; Überlieferungen nach war das schon bei den königlichen Familien in Ägypten die Regel. Auch im Mittelalter gab es sehr strenge Gesetze, die es jedermann, der nicht den höheren Gesellschaftsschichten angehörte, unter Androhung härtester Strafen verbot, einen Greyhound zu halten. So entstammt der Ausdruck „Coursing“ auch dem höfischen Englisch, wohingegen das Wort „Racing“ aufkam, als im 19. Jahrhundert breite Volksschichten sich des Greyhounds bemächtigten. Während Coursing lange in England ein eher adliges Vergnügen blieb, zog das Greyhound Racing als Vorläufer des heutigen Bahnrennens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts erst bürgerliche, aber dann immer breitere Schichten an. – Zugleich mit der steigenden Popularität des Greyhounds begann sich nach und nach sein Typ zu verändern: Vor etwa 80 Jahren entstand der Racingdog, der aufgrund des vorwiegenden Einsatzes für kommerzielle Rennen in vielen Teilen der Erde zahlenmäßig am stärksten vertreten ist.

In den USA gehört der Greyhound mit zu den populärsten Ausstellungshunden. Im Zuchtschaukatalog der heute noch berühmten Westminster Show aus dem Jahre 1877 sind immerhin achtzehn gemeldete Greyhounds verzeichnet. Innerhalb des DWZRV versucht man, dem Greyhound gerecht zu werden, indem man ihm in der Vereinigung der drei Sportarten Coursing, Racing und Showing das gibt, was ihm wesensgemäß ist.

Wohl kaum eine andere Hunderasse konnte über eine so lange Zeitspanne fast unverändert bewahrt werden. Ob das Leben des Greyhounds in der heutigen Zeit nun für den Austellungsring oder das Coursing-Field bestimmt ist, kann nicht entscheidend sein. – Entscheidend ist vielmehr, ob der Greyhound von heute noch die Merkmale der über Jahrhunderte hinweg vom alten englischen Adel bewahrten ursprünglichen „Coursing Hounds“ aufweist. Verfolgt man innerhalb der Rasse die unterschiedlichsten Linien weit genug zurück, stammen weltweit so gut wie alle Greyhounds von Importen aus Großbritannien ab.

In frühester Zeit wurde dem Greyhound gewiss auch kultische Verehrung zuteil. Betrachtet man einmal das Bildnis eines glatthaarigen Windhundes im Grabmal des Adligen Serabi a Mer in Ägypten vor 4.000 Jahren, oder auf einem Marmorrelief aus Thessalien aus dem Jahre 350 v.Chr., die vielen mittelalterlichen Gemälde und einen typvollen Greyhound von heute, so wird man erkennen: Die Rasse hat sich nahezu unverändert erhalten.

In dem 1481 von Dame Julia deBerners veröffentlichten „Book of St. Albans“ befindet sich eine detaillierte, recht bildmalerische Beschreibung des perfekten Greyhounds, die bis in unsere Tage kaum an Wert eingebüßt haben dürfte: –“Headed like a snake, necked like a drake, backed like a beam, sided like a bream, taylored like a rat and footed like a cat.“ –

Der Greyhound besitzt ein bemerkenswertes Durchhaltevermögen und Ausdauer; bei Erstellung des Greyhoundstandards wurden die Gesichtspunkte betont, welche die Rasse gebrauchstüchtig für ihre ursprüngliche Aufgabe machen. Der Greyhound ist daher kräftig gebaut, groß gewachsen mit großzügigen Proportionen, Muskelkraft und symmetrischen Formen. Neben seinem langen Hals, dem geräumigen Rumpf sowie einer kraftvollen Hinterhand ist insbesondere die Geschmeidigkeit seiner Glieder zu erwähnen, die in besonderem Maße den charakteristischen Typ und die Eleganz der Rasse hervorheben. Es ist eine Annäherung an die Perfektion aus „type & soundness“, die den Greyhound auszeichnet. Von seinem Nasenrücken bis hin zur Rutenspitze bilden seine Umrisse eine fließende Linie, die ganz gleichmäßig und geschmeidig verläuft und im Idealfall eine Serie sanfter Kurven beschreibt.

Als früher Jagdbegleiter und später Coursing Dog der herrschenden Klasse stand der Greyhound stets in besonders engem Kontakt zu seinem Herrn, woraus sein freundliches, anhängliches und überaus ausgeglichenes, intelligentes Wesen resultiert. Der Greyhound ist im Haus ein überaus angenehmer, unaufdringlicher, äußerst ruhiger Familienhund mit enormer Anpassungsfähigkeit auf äußere Lebensumstände. Nicht umsonst war der Greyhound der einzige Hund, dem es im Mittelalter gestattet war, seinen Herrn selbst in den Gottesdienst zu begleiten... Die überzeugende körperliche Gesundheit der Rasse – Erbkrankheiten sind so gut wie nicht bekannt – sowie sein gelassenes Wesen sind wohl mit ursächlich dafür, dass die Rasse über eine derart lange Zeit bereits existent ist und Liebhaber auf der ganzen Welt finden konnte. Fast alle Farben sind beim Greyhound zugelassen, meist im Zusammenspiel mit Weiß.

Was macht nun die Faszination des Greyhounds aus? – Vielleicht ist es der alte Jagdinstinkt, der in uns wach wird, kurze Zeit die Freude zu erfahren, mit dem eigenen Jagdhund, in Partnerschaft mit dem Greyhound, dem wohl ältesten Begleiter des Menschen, zusammenzuarbeiten. – Die große Bereicherung unseres Lebens, die uns die Beschäftigung mit dem Greyhound gibt, muss aber auch Verpflichtung sein, ihn zu bewahren. Der Kommerzialisierung des Rennens mit Totalisator entgegenzuwirken muss zu einer Herausforderung für alle wahren Freunde des Greyhounds werden.